Der Film
DER ANDERE BLICK nähert sich auf unterschiedlichen Ebenen Leben und Werk des österreichischen Filmregisseurs G.W.Pabst. Im Zusammenhang mit dem Filmschaffen im Dritten Reich wird die Frage nach der Verantwortung des Künstlers gestellt.
Die beiden Filmemacher Hannah Heer und Werner Schmiedel stiessen immer wieder auf ein interessantes Phänomen, das einen kontrastreichen Hintergrund zur Entstehung des Filmessays DER ANDERE BLICK bildet. Während ehemalige Mitarbeiter auch noch nach vierzig, fünfzig und sogar sechzig Jahren mit grosser Loyalität und Enthusiasmus von den Qualitäten des Regisseurs und Filmpioniers G.W.Pabst sprechen, ist bei vielen Cineasten heute der Name G.W.Pabst mit einem Unbehagen verbunden und mit einer Scheu, über ihn zu sprechen.
Auf einer Ebene präsentiert der Film Mitarbeiter, die in New York, Kalifornien, Paris, Berlin und Wien über ihre Arbeit mit Pabst sprechen. Jedoch erzählen diese Filmschaffenden nicht nur über Pabst, sondern es entstehen auch kleine filmische Portraits, die der unverwechselbaren Identität dieser Menschen gewidmet sind.
Auf einer zweiten Ebene stellen Filmtheoretiker filmhistorische Bezüge her, die mit dem Blick von aussen in die Filme GEHEIMNISSE EINER SEELE (1926), TAGEBUCH EINER VERLORENEN (1929) und A MODERN HERO (1934) eindringen.
Eine dritte Ebene des Filmessays ergibt sich aus dem Kontrast von Pabsts internationalem Leben und Wirken, seinen pazifistischen Ansprüchen und seiner dazu widersprüchlichen Rückkehr 1939 nach Österreich, der damaligen Ostmark im Dritten Reich.
Formal schliesst DER ANDERE BLICK an Hannah Heers entwickelte Farbsprache an, die sie erstmals 1979 in dem Spielfilm SUBWAY RIDERS anwendete, und die auf dem Grundgedanken basiert, dass Gefühle cinematographisch am besten durch Farbe ausgedrückt werden.
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Francis Lederer, Schauspieler, Los Angeles: "Freedom to the actor!"
Heide Schlüpmann, Filmtheoretikerin, Frankfurt a/M: "Pabst zeigt in seinem Film "Tagebuch einer Verlorenen", daß die Struktur der Gesellschaft im Innersten eigentlich eine sadomasoschistische ist. Und ich denke, das berührt sich mit den Erkenntnissen wie z.B. später von Erich Fromm über den autoritären Charakter."
Jean Oser, Filmcutter u.a. für "Die Dreigroschenoper": "Er gab mir völlige Freiheit beim Arbeiten; sicher, er überwachte es, aber ich habe niemals für jemanden gearbeitet, der mir solch ein Vertrauen bei der Arbeit gab."
Jan Christopher Horak, Curator George Eastman House, Rochster, NY: "Vielleicht wollte Pabst in eine innere Emigration gehen; aber er endete damit, daß er Filme für Goebbels machte."
Herbert G. Luft: "Aber nach dem Krieg machte Pabst wieder Filme von gesellschaftlicher Bedeutung."
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Idee, Buch, Regie: Hannah Heer & Werner Schmiedel
Österreich/USA 1991/2009 DVD-Version
111
min., Color,
in Deutsch, Englisch, Französisch mit Untertiteln