Absolut empfehlenswert ist die Dokumentation "DIE KUNST DES ERINNERNS", die nach einer TV-Ausstrahlung im Filmhaus Stöbergasse zu sehen ist. Berührend, dramatisch und mit ausgezeichneter optischer Aufbereitung werden nicht nur die konsequente Suche nach Gerechtigkeit thematisiert, sondern auch die schier unglaublichen Verdrängungsmechanismen in unserem Land aufgezeigt. Wie sagt Wiesenthal so richtig: "Jene, die die Morde von gestern leugnen, legen den Grundstein für die Morde von Morgen."
- WIENER ZEITUNG
Sehr genau recherchiert... ausgezeichneter Film...
- ILLUSTRIERTE NEUE WELT, Wien
Simon Wiesenthal trägt durch seine Persönlichkeit und seine Erzählkunst diesen Film, doch ist die emotionale Komponente durch die Lieder und die Farbgebung nicht unerheblich. Die Viragierungen in verschiedenen Blautönen oder die Akzentuierung mit Rot stellen wohl einen Versuch dar, der individuellen Geschichte Allgemeingültigkeit zu verliehen.
- Walter Aulehla, multimedia
Die eindrucksvollsten Szenen des Films handeln immer von der Vergangenheit und ihrer Wirkung. So wenn die Regisseure Hannah Heer und Werner Schmiedel Simon Wiesenthals Geburtsort Buczacz in der Ukraine aufsuchen, wo die Bewohner sämtliche Andenken an die deportierten Juden der Stadt zerstört haben, aber immer noch Angst haben, daß diese eines Tages zurückkehren könnten, um ihre Wohnungen zurückzufordern.
- Andre Simonoviescz, TIP MAGAZIN Berlin
Wiesenthal hat zahlreiche Bücher geschrieben in seinem 86jährigen Leben, hat noch mehr Interviews gegeben. Warum also reisten die Filmemacher Hannah Heer und Werner Schmiedel nach Buczacz in Galizien, wo Wiesenthal 1908 geboren wurde? Warum reisten sie mit ihm nach Schweden, nach Israel, nach New York und Los Angeles, wo 1993 das Beit-Hashoah Museum of Tolerance eröffnet wurde? Den Aufschluß gibt die Eingangsszene von Die Kunst des Erinnerns (...)
Über die sorgsam zusammengetragenen Details seiner Vita, über den warnenden Inhalt seiner Reden hinaus, daß ein jeder nur allzu schnell einer verfolgten und diskriminierten Minderheit angehören könnte, zeigt DIE KUNST DES ERINNERNS die Verflechtung von Simon Wiesenthals Arbeit mit der historischen Amnesie der zweiten österreichischen Republik. Wiesenthal steht als einsamer Kämpfer da gegen eine offizielle Politik, die den Opfer-Mythos schürt, Schuld leugnet und Recherchen behindert.
Dies deutlich zu machen, Entwicklungen klar aufzuzeigen und zu benennen, ist das Verdienst von DIE KUNST DES ERINNERNS.
- Eva-Elisabeth Fischer, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG
Die Wiesenthal-Hommage von Hannah Heer und Werner Schmiedel ist ein kraftvoller Akt künstlerischer Zuwendung. Die Regisseure erklären sich als nicht unbeteiligt und pflegen für ihren Film selbst die Kunst des Erinnerns, die der Filmtitel dem Lebenswerk Simon Wiesenthals zuschreibt. Sie kommen damit der Person, dem Humanismus Wiesenthals, bedeutend näher als der objektive Dokumentarist, der sich mit der Schublade „Nazijäger" begnügt.
Gewiß, auch dieser Film versammelt Statements von talking heads. Er fügt historisches Dokumentarfilmmaterial ein, zum Beispiel von der Befreiung des österreichischen KZs Mauthausen. Er begleitet Wiesenthal auf Reisen und protokolliert seine Äußerungen. Was den Film auszeichnet, ist jedoch seine emotionale Wärme - auch die Aufforderung, Flagge zu zeigen. Umgesetzt wird der Appell, sich zu erinnern, bereits in der Anfangssequenz. Eine fiktive Inszenierung mit der sich eine junge Frau in einem Wiener Taxi dem Gerede eines Taxifahrers widersetzt, der Auschwitz leugnet. Das Wortduell geht unentschieden aus. Aber es mußte geführt werden. Und auch von Wiesenthal wird man heute nicht mit Sicherheit sagen können, daß er seine Feinde überzeugt hat. Die Kamera kippt auf einem verschneiten Waldweg um 90 Grad und geht dort zu Boden, wo die erschöpften KZ-Häftlinge liegengeblieben waren, den Genickschuß erwartend. Subjektiv, nämlich künstlerischer Akt, ist auch die Farbgebung. Inmitten von Blautönen öffnet sich Wiesenthal für persönlichste Erinnerungen und spricht in einer zu Herzen gehenden Szene von seiner Mutter, die ihn 1908 im galizischen Buczacz (damals Österreich-Ungarn, heute Ukraine) geboren hat. Vor allem aber ist es die schöne, ein wenig traurige, immer herzliche Originalmusik des Avantgarde-Saxophonisten John Zorn, der es gelingt, eine enge emotionale Verbindung zur Persönlichkeit Wiesenthals herzustellen.
Wir sehen Wiesenthal in Los Angeles im Beit-Hashoah-Museum, dem Museum of Tolerance, vor einem Monitor sitzen und sich Bilder aus dem Lemberg anschauen, wo er zur Schule gegangen war. Er spricht von der Shoah, und sagt etwas, auf das ich nicht gefaßt war: „Das Potential steckt in jedem von uns." Der Hitler in uns, in ihm? - Das Schlagwort der deutschen Vergangenheitsbewältigung bekommt erst aus seinem Mund den wahren Sinn. Wiesenthals Lebenswerk ist, die Judenvernichtung historisch nicht als abgeschlossen, sondern als wiederholbar, als ständige Aktualität von Haß und Rassismus zu begreifen. Niemand darf sicher sein, daß er nicht eines Tages selbst minoritär und Opfer wird; oder Täter. Aber Wiesenthal scheitert damit, 1968 in Wien ein Frühwarnzentrum einzurichten, um rechtzeitig rassistische und rechtsextremistische Gefahren zu erkennen.
Österreich hat ihm erst vor wenigen Jahren verziehen, daß er dem Land die Opferrolle streitig gemacht hat. Und die Filmregisseure Heer und Schmiedel, die sich zu Anwälten Wiesenthals machen, nutzen die Kunst des Erinnerns zu einem flammenden Plädoyer gegen die österreichische Regierung, insbesondere gegen die alleinregierenden Sozialdemokraten, während deren Herrschaft auch nicht ein einziger NS-Verbrecher verurteilt wurde. Die berühmt-berüchtigte Szene folgt, in der Kanzler Kreisky vor laufenden Kameras Wiesenthal und seine Mitarbeiter rüde als „eine Art Mafia" geißelt („Privatjustiz") und ihn selbst der Kollaboration mit der Gestapo bezichtigt. Kreisky muß anschließend die Beleidigung mit einer Geldstrafe sühnen. - Wir haben das fast schon vergessen. Geändert hat sich wenig. Der österreichische Staat gibt auch heute nicht Einsicht in die Akten der Naziverbrecher.
Deutschland kommt in der KUNST DES ERINNERNS im Vergleich zu Österreich glimpflich weg. Heer und Schmiedel haben ihrem politischen Kampf eine andere Zielrichtung gegeben. Gerade hat Alfred Streim, der Leiter der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg, seinen einschränkenden Satz, wonach anfangs Wiesenthals Arbeit das Elixier der deutschen Stelle gewesen war, beendet, um mit einem aber fortzufahren, schon kommt der Schnitt. Die Kritik, die an Wiesenthals Arbeit bis in die jüngste Vergangenheit laut wurde, kommt in der KUNST DES ERINNERNS so gut wie gar nicht vor. Um es laut und deutlich zu sagen: Die Wiesenthal-Hommage ist kein kritischer Film. Wieso sollte eine Liebes- und Respekterklärung das auch sein? Statt Fragen gibt es eine Antwort. Hannah Heer: „Unser Film ist eine Antwort auf die sogenannten Kritiker Simon Wiesenthals."
- Dietrich Kuhlbrod, epd-Film Frankfurt